Franziska Griesbeck, Pflegefachkraft im AllgäuStift Marienpark: „Wenn man ein bisschen engagiert ist, kann man sehr viel bewirken“

„Ich will ans Bett“, sagt Franziska Griesbeck. Und nicht an den Schreibtisch. Zumindest nicht nur. Eine ganzheitliche Pflege, zu der neben einem gewissen Maß an Administration und Organisation vor allem Zuwendung, Unterstützung und Begleitung gehören, ist ihr Antrieb und mach ihren Beruf so wertvoll für sie.

    Das Kuriose: Als es vor 14 Jahren in der Realschule um den Berufswunsch ging, war ihre Überzeugung: „Ich will an den Schreibtisch und etwas Wichtiges bei der Gemeinde machen.“ Doch dann kam ihr in der neunten Klasse ein zweiwöchiges Pflichtpraktikum im sozialen Bereich in die Quere. „Schon nach der ersten Woche im Altenheim habe ich gesagt: Der Job gefällt mir, da will ich hin!“, erinnert sich die 30-Jährige.

    Entscheidungen sind dazu da, umgesetzt zu werden, und so schrieb sie damals im Jahr 2010 eine einzige Bewerbung, wurde in den AllgäuStift Marienpark eingeladen, intensiv nach ihrer Motivation befragt – und unterzeichnete kurz darauf als mit Abstand Jüngste ihren Ausbildungsvertrag. Da sie erst 16 war, musste auch ihre Mutter unterschreiben. „Mit 19 war ich ausgelernt und habe erstmal vier Jahre auf Normalstation, also im normalen Wohnbereich gearbeitet. Dann habe ich eine Zusatzausbildung als Gerontopflegekraft gemacht, um Richtung Wohnbereichs- oder Pflegedienstleitung gehen zu können.“ Im Marienpark sind in neun Pflegewohnbereichen 135 Bewohner:innen zuhause. Im integrierten Pflegehotel stehen zusätzlich zwölf Zimmer für pflegebedürftige Menschen zur Kurzzeitpflege bereit. „Einen dieser Wohnbereiche habe ich geleitet –  bis die Hanni kam“, erzählt Franziska.

     

    Was macht die Arbeit in einem Gesundheits- und Pflegezentrum so interessant? „Viele sagen immer noch: Sie könnten das nicht mit dem Popo abwischen. Doch das ist eine komplett verzerrte Wahrnehmung. So wie sich ein Baby nicht aufs Wickeln reduzieren lässt, ist das Thema auch bei alten Menschen das kleinste am Tag, nicht der Rede wert. Den Tag bestimmen ganz andere Themen und die Arbeit ist wahnsinnig spannend und abwechslungsreich, weil man mit vielen verschiedenen Personen zu tun hat: mit den alten Menschen, den Angehörigen, den Haus- und Fachärzten, mit Physiotherapeuten, Logopäden, Kliniken, Krankenkassen. Wenn man ein bisschen engagiert ist, kann man sehr viel bewirken.“ Liebevoll berichtet Franziska Griesbeck von „Willi“, der extrem ängstlich war, nicht essen und trinken und sich kaum bewegen konnte, als er einzog und irgendwann selbst im Rollstuhl tippelte und beim Backen den Teigschaber ableckte. Sie ergänzt: „Wir begleiten die uns anvertrauten Menschen bis zum Ende. Das ist manchmal traurig, aber auch sehr erfüllend. Wenn wir dann noch die Dankbarkeit der Angehörigen spüren, wie im Fall von ‚Willis‘ Sohn, der mir einen sehr schönen Brief geschrieben hat, gibt es keine bessere Arbeit. Zumindest für mich.“

     

    Was genau macht eine Wohnbereichsleitung? Dienstpläne, Urlaubspläne, Stundennachweise, Bestellungen, Dokumentation. „Man organisiert sehr viel, verteilt die Aufgaben im Wohnbereich, macht die Materialplanung, zum Beispiel für Inkontinenzartikel, führt die digitalen Patientenakten“, berichtet Franziska. „Ich hatte immer mal Bürotage, an denen es nur um die Akten, die Medikamentenplanung und Ähnliches für die ganze Woche ging, da war ich dann nicht ganz so viel bei den Bewohnerinnen und Bewohnern. An den meisten Tagen habe ich aber ganz normal mitgearbeitet. Wenn wir alle das Gleiche anziehen, merkt man nicht, wer wer ist. Mir war immer wichtig, dass wir nicht nach Hierarchie gehen, sondern jeder etwas zu melden hat und wir freundschaftlich zusammenarbeiten.“

     

    "Es gibt keine bessere Arbeit."

    Franziska Griesbeck, Pflegefachkraft

    Das bunte Team im Marienpark inklusive der zahlreichen slowakischen Kolleg:innen, ohne die sich die Dienste nicht mehr abdecken ließen, ist für Franziska Griesbeck zur zweiten Familie geworden – immerhin arbeitet sie inzwischen seit 14 Jahren dort. Deshalb war die Veränderung sehr einschneidend, als sie schwanger wurde. „Man bekommt eine 15-seitige Liste mit Gefahren, die im Altenheim lauern, an die ich zum Großteil gar nicht gedacht hatte. Hätte ich die alle vermeiden wollen, wäre ich in meinem Dienst so eingeschränkt gewesen, dass ich eher im Weg gestanden und die Stelle für jemanden blockiert hätte, der voll anpacken kann. Deshalb wird in solchen Fällen oft ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen – so war es auch bei mir. Ich bin dennoch jeden Mittwoch ehrenamtlich gekommen, um Kuchen zu bringen und vorzulesen. Die alten Leute fanden es toll zu beobachten, wie mein Bauch gewachsen ist, und jetzt lieben sie es, wenn ich mal mit meiner Tochter Hanni vorbeischaue.“

    Doch ihre Anwesenheit im Marienpark beschränkt sich inzwischen nicht mehr auf ehrenamtliche Besuche. „Durch Zufall bin ich seit Januar wieder am Arbeiten“, berichtet Franziska. „Ich habe für die Agentur für Arbeit einen Vortrag über die Aufgaben in der Pflege gehalten. Als es um die Abrechnung ging, wurde mir vorgeschlagen eine geringfügige Tätigkeit anzumelden.“ Auf dieser Basis arbeitet sie inzwischen wieder regelmäßig im Marienpark, immer einmal im Monat ein Wochenende lang. Da sie ihren Elterngeld-Bezug auf zwei Jahre gestreckt hat, plant sie bis Juli nächsten Jahres, also bis zu Hannis zweitem Geburtstag, in diesem Modus Teil des Teams zu bleiben. Wie es dann weitergeht, ist noch offen, da ihre Tätigkeit überwiegend vormittags stattfinden sollte. „Ich könnte mir weiterhin etwas im Wohnbereich vorstellen oder in der ambulanten Pflege oder vielleicht auch in der gerade neu entstehenden Tagespflege. Hauptsache ich bin am Bett, und nicht nur am Schreibtisch!“

     

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    0831 Magazin

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