Ein wunderschönes Farbspiel bei den fertigen Pralinen von Birgit Heel
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Birgit Heel

Aus Leidenschaft zur Schokolade

Allgäuer Naschgeschichten: In Episode 5 naschen wir gemeinsam mit der Memmingerin Birgit Heel, der ersten Allgäuer Schokosommelìère und tauchen ein in Schokoladenkunst und Pralinendesign.

  • Memmingen

    Ort

  • Feinste Pralinen

    Das wird hier hergestellt

 „Eigentlich bin ich eher ruhig. Aber wenn es um Pralinen geht, da quassel ich ohne Ende“, meint Birgit Heel und muss über sich selbst lachen. Der Pralinenmeisterin und Schokoladen-Sommelière fällt immer noch ein Punkt ein, was man unbedingt über ihre Herzensthemen Schokolade und Pralinen wissen sollte. Wir stehen in der Produktionsküche im Keller ihres Wohnhauses in Memmingen. „Die Küche ist klein und sehr schlicht, aber es ist meins“, sagt sie und blickt zufrieden auf ihr Reich.

Kühl ist es hier unten – perfekt, um Pralinen zu fertigen. Die Raumtemperatur sollte am besten zwischen 18 und 21 Grad liegen. Die Schmelztiegel auf der Seite enthalten flüssige Schokolade, in großen Kisten darunter lagern Rohschokolade und andere Zutaten. Birgit Heel holt eine Form aus dem Kühlschrank und zeigt auf lauter dunkle Halbkugeln. Das ist ihre Spezialität, ihr Markenzeichen. Trüffel, also runde Pralinen, die man für gewöhnlich kennt, macht sie selten. „Die Halbkugeln fülle ich mit einer Creme, der so genannten Ganache, die ich ganz unterschiedlich variiere. Die Basis für die Ganache ist Schokolade, Sahne und Butter. Ist die Halbkugel befüllt, wird sie gedeckelt, also ebenfalls mit Schokolade verschlossen und mit dem Spachtel glatt gestrichen.“

Birgit Heel ist die erste Allgäuer Schokosommelìère
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Allgäu GmbH, Silke Lorenz

Schokolade mag die 49-Jährige für ihr Leben gern. Schon immer hat sie gerne gebacken und ihre Kuchen, Torten und Plätzchen aufwändig verziert. Vor rund acht Jahren besuchte Birgit Heel ein Seminar über Rohschokolade. Das Thema mit all seinen Facetten fand sie so interessant, dass sie beschloss, selbst in die Herstellung zu gehen. Erst mit Schokoladentafeln, dann mit Pralinen. Dazu absolvierte sie Profi-Kurse bei verschiedenen Chocolatiers. „Ich habe mich immer weiter in das Thema eingearbeitet und mich schließlich an der Handwerkskammer beworben. Denn Pralinen produzieren und verkaufen darf nur, wer Konditormeister oder -meisterin ist. Ich bin aber gelernte Bürokauffrau“, erzählt Birgit Heel. Sie erhielt eine Sondergenehmigung und legte eine Teil-Meisterprüfung im Spezialgebiet Pralinen und Schokolade vor der Konditoren-Innung in München ab – der Grundstein für ihre eigene Manufaktur. Doch Birgit Heel wollte noch mehr: 2018 ließ sie sich an der Akademie in Weinheim zur  Schokoladen-Sommelière ausbilden. Nun ist sie im Allgäu die erste und einzige mit diesem Titel.

In Teilzeit arbeitet Birgit Heel als Polizei-Angestellte. Die restliche Zeit aber widmet sie ihrem „Hobby plus“, wie sie es mit einem Augenzwinkern nennt. „Die Manufaktur ist sehr viel Arbeit, aber ich mache das mit Leidenschaft und Herzblut. Und ich möchte auch gerne andere Menschen dafür begeistern.“ Deshalb gibt sie Pralinen- und Schokoladenkurse, am liebsten in Kleingruppen von vier Personen. „Dann kann ich alles zeigen, die Techniken erklären und jedem über die Schulter schauen, das macht mir einfach Spaß“, sagt sie. Das Schönste ist für sie, wenn die Teilnehmer danach mit einer großen Schachtel voller Pralinen glücklich nach Hause gehen – Birgit Heel liebt das direkte Feedback. Deshalb hat ihr Herz geblutet, als sie Corona-bedingt ihr schönes Kursstudio leider aufgeben musste. Doch die alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen lässt sich nicht unterkriegen und hat bereits andere Pläne. Jetzt baut sie ihre Küche zu Hause als Kursküche um und freut sich schon auf neue Teilnehmer. Wer die handgemachten Pralinen sofort genießen möchte, kann sie im Online-Shop bestellen. Für Firmen personalisiert sie ihre Produkte auch, druckt das Logo auf und bestückt damit Geschenkboxen für Kunden und Mitarbeiter.

Im Sortiment hat Birgit Heel meist zehn Basis-Sorten, aber im Laufe der Jahre hat sie sicher schon über 200 Sorten entwickelt und hergestellt. Auf Wunsch kreiert und fertigt sie auch sehr spezielle Pralinen, zum Beispiel aus einer Ganache mit Olivenöl oder Himbeeressig. Ein Prinzip bleibt aber immer gleich: Das Temperieren ist das A und O. Sogleich misst sie mit ihrem Infrarot-Thermometer, ob die Temperatur der Schokolade im Schmelztiegel richtig ist: „Schokolade ist eine Diva. Sie will es nicht zu warm, nicht zu kalt und nicht zu feucht. Und sie will gerührt und gestreichelt werden“, erklärt sie. Für Birgit Heel muss es hauptsächlich Schweizer Rohschokolade sein, die findet sie am besten, ob weiß, Vollmilch oder dunkel. Mittlerweile verarbeitet sie sehr gerne Schokolade mit einem Kakao-Anteil von 70 Prozent, weil sie nicht so süß ist. Sie selbst liebt Nougat: „Am liebsten aus Pistazien. Aber ich mache aus allen Nüssen Nougat und verwende auch hier nur allerbeste Rohstoffe.“

Werden die Pralinenformen vorher mit Watte ausgewischt, glänzen die fertigen Pralinen intensiv
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Allgäu GmbH, Silke Lorenz

Die richtige Temperatur ist das A und O flüssiger Schokolade
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Allgäu GmbH, Silke Lorenz

Eine Faustregel für hochwertige Pralinen: Je dünner die Hülle, desto besser das Handwerk. Das zeigt sich sofort, wenn man eine Praline anschneidet. Oft werden nämlich Schummelpralinen verkauft, wo ein bereits fertiger Hohlkörper nur noch mit einer Creme gefüllt wird. Nicht so bei Birgit Heel: Hier wird alles, von der Hülle bis zur Füllung, von Hand hergestellt.

Für Cappuccino-Pralinen beispielsweise zerstampft die Sommelière frische Kaffeebohnen und kocht sie in Sahne aus, das gibt der Praline eine herrlich vollmundige Kaffee-Note. Vor dem Gießen werden die Formen von Hand mit Watte poliert. So glänzen die Kugeln später schön. Die Formen bleiben in der Küche offen stehen, damit die Schokolade aushärten kann. Erst dann werden die Halbkugeln mit der Ganache gefüllt. Diese müssen 24 Stunden stehen, um schließlich gedeckelt zu werden. Nach einer Wartezeit klopft Birgit Heel sie vorsichtig aus der Form.

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Allgäu GmbH, Silke Lorenz

Ein wunderschönes Farbspiel bei den fertigen Pralinen von Birgit Heel
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Birgit Heel

Pro Pralinensorte braucht sie drei volle Tage, es ist eine Menge Arbeit. „Die Produktion bleibt bei mir, das mache ich ganz alleine. Nur beim Verpacken hilft mir mal meine Mutter oder eine Freundin.“ Oft produziert sie auf den letzten Drücker, damit wirklich alles frisch ist. So halten ihre Pralinen vier bis maximal sechs Wochen. Das bedeutet zwar einen großen Aufwand, aber ihr geht es nicht um eine riesige Menge. Viel wichtiger ist, dass am Ende ein hochwertiges Produkt steht, bei dem man Frische und Leidenschaft schmeckt. Das ist das Besondere an Birgit Heels Pralinen. Mit ihren Kreationen hat sie sogar Gold und Bronze bei den „International Chocolate Awards 2019 und 2020“ gewonnen.

„Neue Ideen und Rezepte habe ich auf Jahre in meinem Kopf“, lacht Birgit Heel. Doch jetzt steht erst einmal die schönste Zeit des Jahres bevor: Herbst und Winter – Hochsaison für ihre Pralinen, die sie mit so viel Begeisterung und Hingabe fertigt.

Portrait Silke Lorenz
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Silke Lorenz

Die Autorin

Silke Lorenz

Von Franken über Niederbayern und Baden ins Allgäu, von Tageszeitungen und Verlagsarbeit über Frauenmagazine zur freien Journalistin: Seit über zehn Jahren bin ich jetzt im Oberallgäu daheim und entdecke immer aufs Neue tolle Menschen, alte Handwerkskünste, faszinierende Orte – und immer wieder sprachliche Schätze im Allgäuer Dialekt, die mein Germanisten-Herz erfreuen :-). Ich hoffe, Sie haben genauso viel Spaß beim Lesen meiner Geschichten wie ich beim Recherchieren derselbigen. Frohes Schmökern!