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Allgäu GmbH, Erika Dürr

Ruhe im Körper, Zufriedenheit in der Seele

Die ersten Etappe des WIESENGÄNGERS führt zu bedeutenden Baudenkmälern, hinauf auf mittelalterliche Burgen, vorbei an botanischen Exoten und vor allem tief hinein in die Stille eines lichtdurchfluteten Waldes.

    Gerade noch rauschten Autos an uns vorbei. Es war laut. Hektisch. Eng zwischen all den Häusern. Noch dazu klebten die Klamotten in der sommerlichen Mittagshitze auf der Haut.

    Nun, nur wenige Minuten später, ist alles anders. Als wären wir in einem anderen Film. Auf einem Hügel oberhalb der Dächer von Kaufbeuren dringen die Geräusche der Stadt nur noch gedämpft zu uns. Die Sonnenstrahlen fallen wie einzelne kleine Taler auf unser Gesicht, sobald der Wind durch das Laub der alten Bäume streift.

    Die alten Gemäuer der St. Blasiuskapelle, an deren Fuße wir stehen, geben eine angenehme Kühle ab. Das Bauwerk ist nicht nur Teil der bemerkenswert erhaltenen Stadtbefestigung, sondern gilt als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Baudenkmäler Schwabens. Und ermöglicht mit seiner erhöhten Lage noch dazu einen freien Blick auf all die Kirchen, Türme und verwinkelte Gassen.

    Eine unerwartete Ruhe überkommt uns. Die Gewissheit, genau hier heute sein zu wollen.

    Die ersten Schritte: Bad Wörishofen

    Ein ähnliches Gefühl hatten wir gestern schon - ganz gemäß der originalen Routenführung waren wir im Portalort Bad Wörishofen gestartet - hinlänglich bekannt als die Wirkungsstätte Sebastian Kneipps und offizieller Start/Ziel-Ort des Wiesengängers. Entsprechend begann unsere Tour im Kurpark, genauer gesagt in einer der 22 (!) Kneipp-Anlagen der Stadt. Umgeben von Rosengarten und Barfußpfad fällt es glatt schwer, den Fußmarsch in Richtung Kaufbeuren anzugehen. Aber man weiß es ja meist schon zuvor: Es wird sich lohnen, wenn man erstmal gestartet ist.

    Über Wiesen nach Süden

    Bevor der Wiesengänger-Weg uns heute weiter in Richtung Apfeltrang und Ruderatshofen führen wird, gönnen wir uns außerplanmäßig einen kleinen Abstecher in den unter uns liegenden Klosterberggarten. Wer die Muße mitbringt, kann sich hier zwischen verwinkelten, kleinen Pfaden, versteckten Bänken und exotischen Pflanzen gänzlich verlieren. Wir aber müssen - nein, dürfen! - bald weiter, denn auf uns warten noch weitere Höhepunkte.

    Zunächst führt uns der Weg vorbei an der Burg Großkemnat - eine bestens erhaltene Anlage mit großem, besteigbarem Turm. Beim erklimmen all der uralten Holzstufen rutschen die Gedanken unweigerlich wieder in einen anderen Film: »Wie muss das früher hier gewesen sein?! Wie hat es gerochen, wie sah es auf den verschiedenen Etagen aus?«. Der Blick von ganz oben ist jedenfalls sensationell schön und wird durch die Gewissheit noch ein wenig versüßt, dass die Mittagspause samt aussichtsreicher Einkehr nur noch wenige Minuten entfernt ist.

    Die Kraft des Waldes

    Frisch gestärkt tauchen wir dann in stillen, lichtdurchfluteten Wald. Abwechslungsreich geht es mal entlang des Waldrandes, mal tief hinein, nur um dann unvermittelt wieder auf einer Lichtung herrliche Blicke auf den Alpenkamm zu erhaschen, der bereits im sanften Nachmittagslicht strahlt. Die heilende Wirkung von Waldspaziergängen kommt in den Kopf - unweigerlich wird der Atem tiefer, der Kopf ruhiger. Irgendwann verstummen unsere Gespräche, die Sinne verlieren sich im Wald: Was hört man hier eigentlich? Wie riecht es? Was macht diese Ruhe mit meinem Körper?

    Exot im heimischen Wald

    Wenige Lichtungen später erwartet uns der letzte Höhepunkt unserer Etappe: Unscheinbar am Waldrand steht ein Mammutbaum, der hier von einem Einheimischen nach einer USA-Reise gepflanzt wurde. Die ungewöhnlich weiche Rinde, die stolze Krone weit oben im rosa leuchtenden Himmel, der Duft nach frisch gemähtem Gras und einem sich zu Ende neigenden Tag… Ein Fest für die Sinne. Und eines für die Füße, denn:

    Ankunft in Marktoberdorf

    Während wir etwas später die herrliche Lindenallee bei Marktoberdorf in Richtung Unterkunft wandern, ist der Moment nahe, in dem man nach einem langen Tag draußen die Schuhe ausziehen und die Beine hochlegen darf. Müdigkeit in den Muskeln, Ruhe im Körper, Zufriedenheit in der Seele. Ein guter Tag!

    Anmerkung: Die offizielle Routenführung beschreibt diese Etappe in entgegengesetzter Richtung.

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    Allgäu GmbH, Erika Dürr

    Erika Dürr aka Ulligunde
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    VAUDE, Moritz Attenberger

    Die Autorin

    Erika Dürr aka. Ulligunde

    Ich bin Erika Dürr, im Internet besser bekannt als die Podcasterin und Bloggerin Ulligunde. Gerade weil mein Hauptfokus auf alpinen Bergsportarten liegt, genieße ich das klassische Wandern vor allem, weil es so "einfach" ist - die Gefahren sind gering und es bleibt viel Zeit und Ruhe zum Schauen! Die Wandertrilogie gefällt mir wegen der Länge und Variantenvielfalt - man kann entweder über eine lange Zeit vollkommen in die Region eintauchen oder sich einzelne Teilstücke rauspicken - und die sind mit etwas Planung durchaus per Bahn und Bus erreichbar!