Memmingen: Manufaktur der Köstlichkeiten

Mmmmmh, wie das duftet: Eindeutig nach Weihnachtsbäckerei. Nach gemahlenen Mandeln, verflüssigter Schokolade und feinen Gewürzen, vermischt mit der warm lockenden Karamellnote von frisch Gebackenem. In der Manufaktur von Dolcier in Westerheim, einem Ortsteil von Memmingen, arbeiten viele Hände fein aufeinander abgestimmt zusammen, um Lebkuchen herzustellen, die Köstlichkeit der Saison.

Während eine kleine Mühle Mandeln zermahlt, schlägt ein automatisches Rührgerät Eischnee, den ein Mitarbeiter in einen Topf umfüllt. Eine Kollegin stellt mit Hilfe einer Presse perfekt geformte Lebkuchenrohlinge her, die von anderen verziert werden: Manche mit ganzen Mandeln, andere mit Mandelplättchen oder -splittern, Haselnüssen oder Pistazien. Nach dem Backen werden die meisten noch mit einer Kakao- oder Schokoladenglasur versehen und fahren zu diesem Zweck durch einen warmen „Glasurfall“ und über ein schmales Fließband in einen Tunnel zum Abkühlen.

Man merkt, dass hier jeder Handgriff sitzt, staunt aber doch, wie in dieser kleinen Manufaktur zur Hochsaison mehrere Tausend Lebkuchen pro Tag hergestellt werden können. „Es sind alles Unikate, sie werden alle von Hand einzeln verziert“, erklärt Benjamin Rau, der den 1924 gegründeten Familienbetrieb in vierter Generation leitet.

Soll es einer der Klassiker sein, etwa Haselnuss, Mandel-Marzipan, Vollmilch oder Zartbitter? Die gibt es natürlich im Sortiment, hergestellt nach den Originalrezepten von Benjamins Opa Kurt Rau. Oder darf es etwas Ausgefallenes sein wie ein Luxus-Lebkuchen „Dubai Gold“ oder „Sapori d’Orient“ mit einer blattgoldverzierten Dattel? Vielleicht auch eine Regionalvariante mit Allgäuer Eierlikör oder Südtiroler Bratapfel? Die Entscheidung fällt schwer. Was mögen denn die Kunden außer den Klassikern am liebsten? Viele lieben „Himbeer White Choc“, sagt Benjamin Rau. Er selbst hat als Pistazienfan eine Schwäche für „Pistacchio“.

48 verschiedene Sorten hat er im Angebot, die unterschiedlich schmecken, aber dennoch viel gemeinsam haben: Der Nussanteil in den etwa 130 Gramm schweren Einzelstücken (die üblichen Supermarktlebkuchen wiegen etwa 80 Gramm) ist besonders hoch. Die Zutaten sind von bester Qualität und stammen überwiegend von Lieferanten aus Italien.

Saftig sind sie, diese Lebkuchen mit dem hohen Nussanteil. Und frisch: Sie werden nur von Anfang Oktober bis kurz vor Weihnachten hergestellt und täglich ausgeliefert. „Ein Lebkuchen, der bei uns im Café oder auf einem unserer Weihnachtsmarktstände angeboten wird, ist höchstens zwei oder drei Tage alt“, erklärt Benjamin Rau. Fünf bis sechs Wochen sind die Lebkuchen haltbar, das genügt auch für den Online-Versand, der ebenfalls produktionsfrisch erfolgt. Daher kann bei der Herstellung auf Konservierungsstoffe verzichtet werden.

Außerhalb der Lebkuchenzeit werden bei Dolcier andere Köstlichkeiten produziert: Von Februar bis April kleine Pâtisserietörtchen, bis Juni und dann wieder im September delikate Macarons. Von März bis September gibt’s auf original italienische Art hergestelltes Eis, erst cremige Varianten, im Hochsommer bevorzugt Sorbets.

Auch bei diesen Leckereien geht Benjamin Rau keine Kompromisse bei den Zutaten ein: Sie stammen überwiegend ebenfalls aus Italien, die Milch aus dem Allgäu. Und was die Sorten angeht, lässt er seiner Experimentierfreude ebenfalls viel Raum: mehr als 100 verschiedene sind es, die freilich nicht alle gleichzeitig angeboten werden. Natürlich stehen auch beim Eis immer die Klassiker zur Wahl, etwa Vanille, Schoko und Erdbeer. Aber auch kreative Varianten wie Pistazie mit Rosenwasser und Safran-Confit oder, 2025 neu erfunden, Litschi-Himbeer – „das war ein richtiger Knaller“, freut sich der kreative Gelatiere.

Verkosten lässt sich das Eis am besten im Dolcier Store direkt am italienisch-barocken Marktplatz von Memmingen. Im Winter schmecken dort die Lebkuchen und diverse Kaffeespezialitäten werden das ganze Jahr über serviert.

Früher hieß es „Grand Café Rau“, heute firmiert das Unternehmen als Dolcier Pâtisserie & Gelato. Das spiegelt zum einen den hohen Anspruch wider, den Benjamin Rau an die Qualität der Zutaten und der Fertigung sowie an die Exklusivität seiner Produkte hat. Zum anderen ist es eine Reminiszenz an seinen Großvater Kurt, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Italien und Frankreich reiste, um dort zu lernen und eigene Produkte zu verkaufen. In Italien erhielt er den Spitznamen „Dolciero“.