Der Weg hinauf führt fast ausschließlich über schmale Pfade, die zwar teilweise von der steileren Sorte sind, aber ansonsten nicht weiter schwierig zu gehen. An der Alpe Kammeregg auf etwa halben Weg ist es mir noch zu früh für eine Pause, auch wenn die Verlockung nach einer zweiten Runde Kaffee groß ist. Begleitet von dem Klingeln der Kuhglocken geht es weiter Richtung Gipfel. Zumindest bis zum Sattel, rund 200 Höhenmeter unter dem höchsten Punkt. Der Ruf der eiskalten Apfelschorle wird zu groß, nachdem es an diesem Tag schon sehr früh ziemlich warm war und ich unterwegs den ein oder anderen Schweißtropfen verloren haben. Mit einem kleinen Abstieg erreicht man vom Sattel aus die Grüntenhütte, die auf 1.447 Metern liegt und einen tollen 360-Grad-Blick bietet. In den Liegestühlen der Hütte lässt es sich besonders gut pausieren, aber irgendwann schaffe ich es, mich zu den letzten Höhenmetern zu überreden. Die sind besonders steil, aber auch besonders schön, und kurz vorm Gipfel gibt es sogar noch ein bisschen Felskontakt. Gut für das alpine Feeling, auch wenn dank der brennen Waden eigentlich sowieso kein Zweifel besteht, dass es sich hierbei um eine waschechte Bergtour handelt. Auch wenn auf dem Gipfel des Grünten nicht das übliche Gipfelkreuz zu finden ist, sondern mit dem Jägerdenkmal ein eher ungewohnter Anblick, zumindest für die Alpen: Das Jägerdenkmal ähnelt nämlich einer asiatischen Tschorte – jenen Sakralbauwerken, die hoch oben im Himalaya zu finden sind und dort den Buddhisten als Erinnerungsstätten dienen. Erinnern soll sie auch auf dem Grünten, und zwar an die gefallenen Gebirgsjäger der Weltkriege. Vor rund 100 Jahren wurde das Steingebilde dort mit Hilfe von Mulis von Gebirgsjägern mühevoll errichtet. Aber nicht nur wegen dem Denkmal ist der Grünten ein besonderer Berg: Seine isolierte und exponierte Lage zwischen Flachland und Hochgebirge macht schnell klar, warum der Berg auch „Wächter des Allgäus“ genannt wird. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass es einen besseren Rundumblick über das Allgäu geben kann. Außer vielleicht man ist einer der glücklichen Gleitschirmflieger, die von den Hängen des Grünten starten.