Aber von vorn:
Die Teilhabe am Arbeitsleben ist für jeden wichtig, auch für Menschen mit Beeinträchtigung (seelisch, geistig und körperlich), deshalb gibt es die Allgäuer Werkstätten. Die Werkstätten sind also einmal Arbeitgeber für Menschen mit Beeinträchtigung, die nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können und einmal natürlich ein Unternehmen mit betriebswirtschaftlichen Zielen, damit sie sich überhaupt finanzieren können. Damit diese Ziele erreicht werden können, kommen u.a. die Gruppenleiter zum Einsatz. „Wie werde ich das und was mache ich damit?“ – als Gruppenleiter können z.B. Ergotherapeuten, Arbeitserzieher oder Heilerziehungspfleger arbeiten und sind dann für die Arbeitsanleitung, Betreuung und Förderung der Menschen mit allen Arten von Beeinträchtigungen da. Und das in vielen Bereichen der Werkstätten, z.B. im Berufsbildungsbereich (kurz BBB) oder in den Arbeitsbereichen.
Einsatzort 1: Berufsbildungsbereich
In den Allgäuer Werkstätten gibt es den Berufsbildungsbereich (kurz BBB), wo alle neuen Teilnehmer zuerst einmal eine Orientierungsphase durchlaufen, dabei lernen sie unterschiedliche Abteilungen kennen, wie zum Beispiel die Schreinerei oder die Montage. So kann dann gemeinsam mit dem Gruppenleiter ermittelt werden, wo die persönlichen Stärken und Schwächen der Teilnehmer mit Beeinträchtigung liegen, aber auch welche Wünsche die einzelnen Teilnehmer in Bezug auf ihre Arbeit haben und was getan werden kann, um diese Ziele zu erreichen.
Einsatzort 2: Arbeitsbereich
Der nächste Einsatzort für mich als Gruppenleiter führt mich zu den Arbeitsbereichen, in denen die Mitarbeiter dann nach dem BBB tatsächlich als Beschäftigte eingesetzt werden, wie zum Beispiel in der Schreinerei oder Wäscherei der Werkstätte. Für mich geht es deshalb direkt mit in die Wäscherei, in der die Wäsche von Hotels und Lebensmitteleinzelhändler gewaschen, gefaltet und gemangelt wird. Der Gruppenleiter ist in den Arbeitsbereichen übrigens auch dafür verantwortlich, dass die Aufträge der Werkstatt-Kunden ordnungsgemäß erfüllt werden, also das zum Beispiel die Wäsche in der Wäscherei fehlerfrei gereinigt und gefaltet wird. Hut ab! Wer hier als Gruppenleiter arbeitet, hat spannende Herausforderungen zu bewältigen, im Gegensatz dazu nie mit Langeweile zu kämpfen. Nach einem extrem herzlichen Empfang, darf ich mich hier solange mit den Mitarbeitern beschäftigen und mir ihre Arbeit zeigen lassen (die übrigens extrem gewissenhaft und sorgfältig ausgeführt wird, wie klasse!), bis es Mittagessen gibt. Das findet im Werkshop statt, ein Restaurant, in dem neben einem Koch, auch viele Mitarbeiter mit Beeinträchtigung das Essen zubereiten und servieren.
Unerwartete Begegnungen:
Auf dem Weg in die Förderstätte, meiner nächsten Station, begegnen mir die Mitarbeiter aus der Wäscherei von vorhin und umarmen mich lang und innig. Da geht mir das Herz auf. Soviel Herzlichkeit und Dankbarkeit nach so kurzer Zeit, ist mir bisher noch nicht begegnet und ich verstehe auf einmal, was die Leute meinen, wenn es heißt, dass man bei der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung soviel zurückbekommt.
Einsatzort 3: die Förderstätte
Der letzte Bereich, in dem Gruppenleiter gefragt sind, ist die Förderstätte. Hier werden alle Menschen aufgenommen, die aufgrund ihrer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit nicht in den Werkstätten arbeiten können. Hier geht es hauptsächlich darum die bereits erlernten, lebenspraktischen Fähigkeiten zu erhalten, sowie weitere zu lernen und auszubauen. Anfangs bin ich überrascht von der intensiven Pflegebedürftigkeit und mich treffen zum ersten Mal so etwas wie Berührungsängste, ein Gespräch mit den Angestellten ändert allerdings alles: „Den Job liebe ich so sehr, weil ich hier gebraucht werde. Ich sage immer das sind meine anderen Kinder“. Soviel Wärme und Herzlichkeit haut mich um. Aus dem Blickwinkel betrachtet schaltet sich da etwas in meinem Kopf um, ich bewundere die Gruppenleiter hier für ihre Arbeit noch ein Stück mehr und habe das dringende Bedürfnis direkt mitzumachen, zu helfen und vor allem für ganz viel Lachen auf den Gesichtern zu sorgen. Wahnsinn, was für ein besonderer Job.
Als Fazit fasse ich mich kurz: ein Job, der zwar herausfordernd ist, mir aber unglaublich viel gegeben hat: Dankbarkeit, persönliche Wertschätzung, Zufriedenheit und vor allem musste ich mindestens einmal pro Stunde ganz herzhaft lachen. Auf keinen Fall auf Kosten der Mitarbeiter sondern mit ihnen. Die sorgen nämlich jederzeit (und bewusst) für extrem lustige Situationen. Zum Schluss kann ich nur sagen: Danke für diese Erfahrung!
Über das Unternehmen:
Allgäuer Werkstätten
Zeppelinstraße 5
87437 Kempten (Allgäu)
Zu den Stellenangeboten:
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