Kraft tanken. Warum Waldbaden im Allgäu gut tut.

Shinrin Yoku? Das ist Allgäuerisch? Populär wurde der Trend in Japan. Aber dass Waldbaden gesund ist, wissen wir seit Jahrtausenden. Über Studien und den Wald im Allgäu

    Manchmal brauchen wir den Kick aus einem anderen Kulturkreis, um zu erkennen, was uns gut tut. Das gilt für Yoga, für Meditation und für das Waldbaden. In Japan wird es seit einigen Jahren als Therapie anerkannt, die heilende Kraft der Natur für Körper und Seele ist in dem High-Tech-Land unumstritten. Und irgendwann erreichte uns der Trend – Shinrin Yoku.

    Im hektischen Treiben des modernen Lebens, das von Technologie und ständiger Erreichbarkeit geprägt ist, sehnen sich immer mehr Menschen nach einem Rückzugsort. Dabei geht es nicht darum, physisch zu regenieren – wie einst ein Kur-Aufenthalt die Arbeiter aus den Fabriken kurierte – , sondern vor allem um die emotionale und psychische Gesundheit. Inmitten dieses Verlangens rückt ein jahrhundertealtes Wissen verstärkt ins Rampenlicht: die Heilkraft der Natur.

    ©

    Allgäu GmbH, Erika Dürr

    Die Ursprünge des Waldbaden

    Waldbaden – in Japan „Shinrin Yoku“ – bezeichnet das bewusste Eintauchen in die Waldatmosphäre mit allen Sinnen. Dieser meditative Ansatz ist nicht nur eine spirituelle Praxis, sondern wird zunehmend von der Wissenschaft als effektive Methode zur Förderung der menschlichen Gesundheit und des Wohlbefindens anerkannt.

    ©

    Allgäu GmbH, Eva Maria Feilkas

    Die Medizin des Waldes

    • 1. Atemluft und Immunsystem

      Im Wald gibt es mehr als nur eine erfrischende Brise. Die Luft ist mit Phytonziden gesättigt, flüchtigen organischen Verbindungen, die von Pflanzen freigesetzt werden und nachweislich die Aktivität von NK-Zellen (Natürlichen Killerzellen) erhöhen. Diese Zellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Krebszellen und Viren. Ein Aufenthalt im Wald stärkt das Immunsystem und trägt zur Vorbeugung von Krankheiten bei.

    • 2. Aroma der Heilung

      Der charakteristische Duft des Waldes ist nicht nur angenehm für die Sinne, sondern hat auch nachweisbare gesundheitliche Vorteile. Den ätherischen Ölen, die von Bäumen und Pflanzen freigesetzt werden, bescheinigen Experten eine entzündungshemmende und stressreduzierende Wirkung. Der aromatische Reiz des Waldes fördert die Produktion von Entspannungshormonen und trägt zur Linderung von Anspannung und Angstzuständen bei

    • 3. Erdung und Stressabbau

      Der direkte Kontakt mit der Erde im Waldboden, bekannt als „Erdung“ – im Englischen „Grounding“ –, kann den Körper mit negativ geladenen Elektronen versorgen. Dieser natürliche Ausgleich wirkt entzündungshemmend und unterstützt die Stressbewältigung. Barfuß durch den Wald zu gehen, ermöglicht eine direkte Verbindung zu dieser heilenden Energie.

    ©

    Allgäu GmbH, Eva Maria Feilkas

    Die Psychologie des Waldbadens

    • 1. Achtsamkeit und Präsenz

      Das Waldbaden erfordert Achtsamkeit und bewusste Wahrnehmung der Umgebung. Durch das Fokussieren auf die Sinne – den Klang der Vögel, das Rascheln der Blätter, den Duft der Nadelbäume – wird eine tiefe Präsenz im Moment geschaffen. Dies verbessert nachweislich die Konzentrationsfähigkeit und steigert das allgemeine Wohlbefinden.

    • 2. Cortisol und emotionale Stabilität

      Mehrere Studien haben gezeigt, dass Waldbaden den Cortisolspiegel, ein wichtiges Stresshormon, signifikant beeinflussen kann. Der Wald als natürliche Umgebung wirkt wie ein Gegenmittel zu den Herausforderungen des urbanen Lebens. Der Aufenthalt im Wald fördert die emotionale Stabilität, reduziert depressive Symptome und trägt somit zur allgemeinen Gesundheit bei.

    • 3. Kreativität und mentale Erholung:

      Die unberührte Natur des Waldes schafft einen Raum für mentale Erholung und Kreativität. Abseits von Bildschirmen und urbanem Lärm ermöglicht der Wald einen Rückzugsort für das Gehirn, was nachweislich die kognitive Funktion verbessert. Inspirierende Landschaften fördern auch die Entfaltung kreativer Gedanken und Ideen.

    ©

    Allgäu GmbH, Eva Maria Feilkas

    Warum lohnt sich das Waldbaden heute noch?

    Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die gesundheitlichen Vorteile des Waldbadens bestätigen, was im Allgäu seit Jahrhunderten gelebt wird – einen fast mystischen Respekt für die Landschaft, die Berge, Wälder und Tiere. Nicht ohne Grund gilt das Allgäu als eines der Zentren der Alternativen Europäischen Heilmethoden. Das Wissen um die Heilkraft der Natur ist hier tief verankert.

    Ein Wissen, das immer wieder aufgegriffen wird: Sebastian Kneipp hat es in seine Lehre integriert, die noch immer im Allgäu gelebt wird und heute zum Immateriellen Weltkulturerbe gehört. An vielen Kraftorten im Allgäu kann man diese Energie spüren. Und die Expertinnen und Experten im Allgäu machen klar, dass nicht nur die Natur uns gibt – sondern wir auch der Natur. Darüber schreibt auch der Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl, sein Buch „Wir sind Geschöpfe des Waldes“ ist ein Bestseller.

    Waldbaden im Allgäu bildet somit den Einstieg in eine Eigentherapie. Sie ist mehr als eine Flucht aus dem Alltag, nämlich eine Investition in die eigene Gesundheit. Inmitten der majestätischen Bäume und den beruhigenden Klängen der Natur entdecken wir eine Oase der Ruhe, die für Körper und Seele gleichermaßen heilsam ist. Es lohnt sich, dem Ruf des Waldes zu folgen – um im Allgäu die heilende Kraft der Natur zu spüren.

    Ein Blick in die Vergangenheit

    Geschichte des Waldbadens

    ©

    Allgäu GmbH, Erika Dürr

    Schon Plinius der Ältere schrieb,„der Duft des Waldes ist äußerst heilsam“. Im Mittelalter wurden vor allem die im Nadelwald gewonnenen Harze zur Behandlung bestimmter Krankheiten eingesetzt. Wie genau die Terpenoide wirken, dass sie analgetisch sind und entzündungshemmend, war noch gar nicht nachweisbar. Das Wissen aus jener Zeit steckt heute noch in vielen „Hausmitteln“.

    Silviotherapie und Naturheilkunde
    ©

    Allgäu GmbH, Susanne Baade

    Der Begriff Shinrin Yoku entstand 1982, nachdem mehrere Studien die positive Wirkung eines Aufenthalts im Wald nachgewiesen haben. In Japan wurde es als Antwort auf die zunehmende Urbanisierung und Technisierung begrüßt. Man sah darin auch einen Ansatz, die Menschen zu inspirieren, sich wieder mit der Natur zu verbinden. Nach dem Motto: Wer erfährt, dass der Wald eine Wohltat ist, wird ihn auch schützen wollen.

    Die Erfinder? Eine Wiederentdeckung
    ©

    Allgäu GmbH, Gerhard Eisenschink

    In den 2000er Jahren verbreitete sich Shinrin Yoku über die Welt. In Finnland bietet der Forstverband organisierte Waldaufenthalte an – mit dem Fokus auf das Wohlbefinden der Teilnehmer. In den USA fördert der Forest Service die Waldbetreuung, bei der zertifizierte Guides die Teilnehmer mit der Wirkung des Waldes vertraut machen. In Südkorea hat der Forstdienst Jahr 2009 den Saneum National Recreational Forest eröffnet, den ersten therapeutischen Wald. Inzwischen gibt es 32 davon.

    Andere Länder andere Wälder
    ©

    Allgäu GmbH, Klaus Peter Kappest

    Mit seinem Schwerpunkt „WaldGesundheit“ bündelt der Bayerische Heilbäder Verband die Heilkraft des Waldes in einem Zertifikat. Dafür hat die Münchener Ludwig-Maximilians-Universität in drei Jahren einen Zertifizierungsprozess erarbeitet. Ein Handbuch bildet die Grundlage für das Prädikat anerkannter Kur- und Heilwald. Es vereint wissenschaftliche Erkenntnisse und Tradition – mit der Heilkraft des Waldes.

    Zertifizierte Kurwälder in Bayern