Man muss sich in diese Zeit hineinversetzen, um das Werk zu verstehen. Im Mittelalter war der Tod tatsächlich ein ständiger Begleiter der Lebenden. Krankheiten, Kriege, Hunger, Schwangerschaft, eine enorme Säuglingssterblichkeit – die durchschnittliche Lebenserwartung lag für Frauen bei 24 bis 25 Jahren, für Männer bei 28 bis 32 Jahren. Hatte man das gefährliche erste Lebensjahr überstanden, konnte man allerdings mehr als 40 Jahre alt werden. Bis weitere Gefahren drohten. Altersarmut, Zahnfäule und vieles mehr. Für die einfachen Stände war das Leben besonders hart…
Füssener Totentanz: Auch der Künstler weiß, dass er tanzen muss…
Doch der Tod, das ist die Aussage dieses Gesamtkunstwerks über 20 Bildtafeln, betanzt alle Opfer ohne Unterschied. Und so gilt das Bild auch als unverhohlene Obrigkeitskritik. Denn besonders den Reichen und Mächtigen tritt der bleiche Knochenmann in seinem durchscheinenden Leichenschal nicht nur unerbittlich entgegen, sondern gar hämisch. Und im letzten Bild spricht er den Maler direkt an: „Jacob Hiebeler laß daß mahlen stohn, Wirff bensel hin du muest darvon.“ Hiebelers Antwort ist gleichsam die Signatur des Werks: „Ich hab gemaltt den todtten tantz, Mueß auch in spil, sonst werß nit gantz.“