Kraftorte. Eine Zeit-Reise zu den Baumveteranen von Steibis

Komm mit auf eine Wanderung durch die Zeit! Einige der Baumveteranen von Oberstaufen/Steibis sind etwa 500 Jahre alt, die meisten 250 Jahre und älter.

    Im Allgäu machen wir besondere Erfahrungen – erleben die Kraft der Ruhe, die Herzlichkeit der Menschen, die Schönheit der Natur und das Glück tiefen Schlafs. In der Achtsamkeit Allgäu werden diese Erfahrungen gebündelt. Wir präsentieren achtsame Geheimtipps. Teil 1 der Kraftorte des Allgäus: die Baumveteranen von Steibis…

    Wenn man die Hand auf die Baumrinde legt, ihre Falten und Furchen erspürt, die Weichheit des Mooses und die Festigkeit der Astansätze, dann berührt man die Zeit. Einige der Baumveteranen von Steibis sind etwa 500 Jahre alt, die meisten 250 Jahre und älter. Ein Versuch, sich in jene Epochen hinein zu versetzen: Nach 1750 bricht der Siebenjährige Krieg aus, Spanien und Portugal einigen sich über die Aufteilung ihrer Kolonien in Südamerika, das erste Dampfschiff legt ab, der erste Heißluftballon steigt auf… Noch ferner stellt sich die Welt um 1500 dar: Christoph Columbus und Nikolaus Kopernikus, Leonardo da Vinci und Johannes Gutenberg sind die großen Namen dieser Epoche, in der rund 500 000 000 Menschen die Erde bevölkerten. Wie mag es hier wohl ausgesehen haben?

    Wer das Leben liebt, nimmt sich Zeit für die Geschichte der Bäume

    Das heutige Steibis wird erstmals im Jahr 1451 erwähnt. Schon damals war es ein beliebtes Sennalpengebiet, Bauern aus der Region trieben ihre Milchkühe und Jungtiere zur „Sömmerung“ her. Vielleicht haben es die Bäume auch diesem Umstand zu verdanken, dass sie ungehindert wachsen konnten. Keine Siedler brauchten Holz für ihre Hütten. Und so überlebten einige echte Charaktere die Jahrhunderte. Diese Wanderweg führt zu den Baumveteranen von Steibis. Wer sich beeilt, schafft die Schleife in 90 Minuten. Wer das Leben liebt, sollte sich drei bis vier Stunden Zeit nehmen – und sich mit der Geschichte verbinden.

    Bergulme

    • Alter: 300 bis 400 Jahre alt
    • Standorthöhe: 1120 Meter
    • Stammesumfang: 6 Meter

    Ulmen sind Bäume, die besonders berühren. Denn sie sind selten geworden. Seit mehr als zehn Millionen Jahren bevölkert diese kraftvolle Art mit ihren charakteristischen Blättern die Erde. Doch aktuell bedroht eine seltsame Erkrankung den Bestand, man spricht gar vom großen Ulmensterben. Viele in den Bergen stehende Individuen sind resistent gegen den diese Krankheit auslösenden Pilz. Das macht die Begegnung mit der Bergulme von Steibis sehr besonders.

    Baumveteranen: Weißtanne im Allgäu

    Weißtanne

    • Alter: 300 bis 500 Jahre alt
    • Standorthöhe: 1130 Meter
    • Stammesumfang: 6,5 Meter

    Man sieht sie schon von Weitem: Die mächtige Weißtanne ist ein Riese. Keine anderer ihrer Art hat einen solchen Umfang, kaum ein anderer allein stehender Baum in der Region eine solche Höhe. Fast 50 Meter misst die Weißtanne. Sie erhebt sich direkt am Fernwanderweg. Trotz ihrer Größe gilt die Weißtanne als Sensibelchen – sie reagiert sehr empfindlich auf Luftverschmutzung. Dafür schenkt sie dem Menschen nicht nur Schönheit, sondern auch Kraft: Aus ihrem Harz lassen sich allerlei Heilmittel herstellen, Sebastian Kneipp empfahl Tannentee, um die Lungen zu stärken.

    Baumveteranen: Fichte im Allgäu, Bayern

    Fichte

    • Alter: unbekannt
    • Standorthöhe: 1120 Meter
    • Stammesumfang: 3,30 Meter

    Neben der stattlichen Ulme steht die Fichte. Es ist eigentlich ein Charakterbaum der Berge, oft sieht man ihm seine Funktion auch an, wenn sich unter den Ästen das Vieh versammelt – Schutz suchend vor Sonne oder Regen. Der Fichte verdanken wir übrigens auch die „Tannenzapfen“, die sich viele von uns mit nehmen, um zu Hause den Duft des Waldes zu genießen. Tatsächlich zerfallen die Zapfen der Tannen bereits am Baum, nur die der Fichten bleiben am Boden liegen. Sammeln wir also Fichtenzapfen…

    Rothbuche: Baumveteranen im Allgäu

    Rothbuche im Allgäu.

    Rotbuche

    • Alter: unbekannt
    • Standorthöhe: 1170 Meter
    • Stammesumfang: 3,5 Meter

    Knorrig – ein Wort, das man oft in Zusammenhang mit Bäumen liest. Die Rotbuche von Steibis scheint der Inbegriff dieses Wortes zu sein. Es mag daran liegen, dass dieses Exemplar besonders mutig gewesen ist: Eigentlich liegt die so genannte „Buchengrenze“ bei einer Höhe von 1.000 Metern. Will ein Individuum darüber hinaus, muss es die Komfortzone verlassen, sich krümmen und biegen und anstrengen. Das gilt auch für die ursprünglich aufrechte Buche direkt bei der Oberstiegalpe. Der gedrungene, sich vielfältig verästelnde Baum symbolisiert den Lebenswillen.

    Berg-Ahorn: Baumveteranen im Allgäu

    Baumveteranen: Bergahorn im Allgäu

    Baumveteranen: Bergahorn im Allgäu

    Berg-Ahorn

    • Alter: 250 bis 400 Jahre
    • Standorthöhe: 1220 Meter
    • Stammesumfang: 6,5 Meter

    Unerschrockenheit – dafür steht der Berg-Ahorn: ein stattlicher Baum, der eindrucksvoll den Hang dominiert. Wie es der Name sagt, lieben diese Bäume die Höhe. Bis auf 2.000 Meter kommen sie vor und fungieren als Lebensraum für eine mannigfaltige Tierwelt. Der Berg-Ahorn von Steibis hat einen mächtigen Stamm. Dass der geteilt ist, sieht man nicht nur von oben. Wer an einem sonnigen Tag kommt, sollte unbedingt einen Moment unter der Krone genießen. Sich über den Blick erfreuen. Das Leben spüren.

    Eiben, Baumveteranen im Allgäu, Bayern

    Eibe

    • Alter: 600 bis 800 Jahre alt
    • Standorthöhe: 1080 Meter
    • Stammesumfang: 5 Meter

    Würde man Star Wars mit Bäumen drehen, die Eibe wäre der Yoda – klein, unscheinbar, alles andere als ein strahlender Held. Doch mit inneren Werten. Die Eibe von Steibis ist ein Bäumchen, das Blattwerk angegriffen, der Stamm hohl. Aber kein anderer der Baumveteranen kann ein solches Alter vorweisen, kein anderer verfügt über ein ähnliches Beharrungsvermögen. Man sieht der Eibe ihre Besonderheit nicht an. Man kann sie aber spüren. Und wer ihre Rinde berührt, unternimmt eine Zeitreise ins Mittelalter.

    Die Autoren

    Susanne Baade und Dirk Lehmann

    Im Expeditionsschiff in die Antarktis und per Helikopter über Australien, Wanderung zu einem Kloster in Nepal und Besuch im Luxushotels in Paris, Trekkings durch Kanada und Achtsamkeitsübungen im Allgäu – zu reisen, zu fotografieren, die Welt zu erzählen: Das ist unser Beruf, unsere Berufung. Lange haben wir als Redakteure namhafter Magazine im Hamburger Verlag Gruner+Jahr gearbeitet, seit einigen Jahren berichten wir nun für das Allgäu aus dem Allgäu. Hier haben wir besondere Menschen kennen gelernt, faszinierende Momente erlebt und eine Natur, die uns immer wieder begeistert. Wir sind dankbar für jedes dieser Abenteuer. Und dafür, dass Sie uns begleiten! Susanne&Dirk

    Mehr zu Susanne und Dirk auf ihrer Website.